Experten sehen noch Aufklärungsbedarf
Experten der Telekommunikation erwarten in den nächsten Jahren den verstärkten Einsatz konvergenter Netzwerke. Den Fokus richten die Unternehmen dabei auf Unified Communication, die Bündelung von Daten- und Sprachnetzen, Endgeräten, Kommunikationskanälen, Produktivitäts- und Prozessanwendungen.
Wird Unified Communications die neue Killerapplikation? Diese Frage erörterte eine Fachrunde der Zeitschrift TeleTalk in Düsseldorf. Dabei, so stellten die Diskussionsteilnehmer fest, gibt es noch eine Menge Aufklärungsbedarf. So sieht Robert Willebrand, Geschäftsführer des Beratungshauses Willebrand & Partner www.wp-consult.com, Unified Communications zunächst als wichtiges Projekt für große Unternehmen: „Der Rest weiß noch gar nicht, dass es das gibt. In unseren Projekten stellen wir fest, dass es an Informationen dazu mangelt, welche Lösungen verfügbar sind und welcher Nutzen dahinter steht.“ Mittelfristig erwartet er aber auch bei mittelständischen Unternehmen das Bekenntnis zu Unified Communications.
Diese Reihenfolge erwartet auch Mehdi Schröder, Vice President Sales bei Ericsson Deutschland GmbH www.ericsson.com allerdings will er sich nicht auf Unternehmensgrößen festlegen. „Unified Communication-Lösungen werden dann eine Sogwelle auslösen, wenn sich Kräfte am Markt bündeln. Der Markteintritt von Microsoft könnte etwa diese Welle auslösen, da ein großer, weltweit über Marktmacht verfügender Anbieter in das Geschäft der etablierten TK-Hersteller einsteigt.“ Es sei daher ohne Belang, von welchen Unternehmensgrößen oder Branchen man spreche, so Schröder. Daneben werde es natürlich Unternehmen geben, die eine klassische TK-Anlage mit einer Applikation kaufen, ebenso jene, die komplett auf eine Softswitch-basierte Softwarelösung umsteigen. Vor allem müsse in Führungsebenen mehr über den Business-Ansatz oder den Business-Impact gesprochen werden. „So lange der Geschäftsführer oder der Unternehmenslenker weiterhin die Kommunikation beim Hausmeister oder beim Facility Manager aufhängt, wird es keinen Durchbruch geben. Wenn aber erkannt wird, dass Kommunikation ein Wettbewerbsvorteil ist, bekommt das Thema eine ganz neue Dynamik“, so Schröder.
Wichtig sei in jedem Fall, dass man einem Geschäftsführer oder aber dem jeweiligen Entscheidungsträger die Vorteile von Unified Communications verdeutliche, so Robert Willebrand. „Unified Communication ist eine Technik, deren Nutzen tatsächlich einsehbar und messbar im Sinne von Produktivitätsfortschritten ist. Das lässt sich leicht vermitteln und bringt Vorteile im Wettbewerb“, bestätigt Christoph Ferdinand vom Systemintegrator Damovo www.damovo.de. Dabei solle man nach Ansicht des Berliner Sprachdialogexperten Lupo Pape von SemanticEdge www.semanticedge.de nicht nur die unternehmensinterne Kommunikation betrachten, sondern auch die mit den Kunden. „Diese wollen ein Unternehmen per E-Mail, Sprache, Fax oder Briefen erreichen. Unified Communication-Lösungen führen die Kommunikationskanäle in einem einheitlichen Kundenservice zusammen, garantieren kanalübergreifend Respons und bieten so einen ganz entscheidenden Mehrwert“, so Pape.
Den Markteintritt von Microsoft begrüßten die Teilnehmer des Fachgesprächs deshalb unisono, weil sie sich davon mehr Schwung für die Gesamtentwicklung versprechen. Willebrand glaubt, dass „die Anschubwirkung begrüßt wird, die Microsoft auf dieses Thema haben wird. Klassische Hersteller setzten lange Jahre auf proprietäre Technik, was mit Unified Communication-Lösungen nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Ob Microsoft letztendlich das Licht der Welt in diesem Bereich sein kann, wird sich noch zeigen.“ Unified Communication, so Damovo-Experte Ferdinand, lebe davon, dass möglichst viele Teilnehmer einander erreichen können. Microsoft sei nicht unbedingt der Erfinder von Unified Communication, biete möglicherweise aber die besten Netzeffekte. „Vielleicht ist die Präsenz von Microsoft ja auch eine Art Killerapplikation“, meint Lupo Pape, quasi „das iPhone in der Unified Communication-Geschäftswelt. Wenn es eine Killerapplikation gäbe, wäre das eine große Chance für den Durchbruch.“ Über den Erfolg von Unified Communication entscheidet für ihn der Vertrieb. „Es wird mehr individuelle Paketlösungen geben, beispielsweise für bestimmte Branchen verschiedene Unified Communication-Konzepte.“
„Alle, die in irgendeiner Form eine Kundenbeziehung haben, müssen zukünftig einen neuen Background mitbringen“, meint Ericsson-Manager Schröder. Das gelte sowohl für Techniklieferanten als auch für Integratoren. Die Beratungsleistung spiele dabei eine immer wichtigere Rolle: „Je höher solche Gespräche in der Unternehmensspitze angesiedelt sind, desto mehr wird das ganze Bild gesehen.“ Die nutzenbasierte Argumentation, so die Runde, müsse dabei im Mittelpunkt stehen. „Das wird sicherlich auch zu eher spielerischen Ansätzen führen, in Form von Probierpackungen. Der Kunde bekommt einfach eine Probesoftware, um neue Anwendungen auszuprobieren. So kann er den Nutzen selber feststellen“, prognostiziert Ferdinand.