(openPR) - Studie der TUHH sieht mangelnde Kundenorientierung als Hauptbremse
Leistungsfähige mobile Endgeräte sowie ein wachsendes Angebot vorteilstiftender Applikationen steigern die Akzeptanz und Nutzung von Mobile Commerce in Deutschland. Schätzungen der Bundesnetzagentur zufolge setzten Mobilfunk-Netzbetreiber 2007 über 900 Millionen Euro mit Datendiensten (ohne SMS) um. Noch 2004 lagen die entsprechenden Umsätze bei weniger als 350 Millionen Euro.
Immer mehr Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen entdecken Mobile Commerce als vorteilhaftes Instrument der Geschäftsfelderweiterung, der Kundenbindung oder der Imageförderung, wie eine neu veröffentlichte Studie der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) belegt. Verbesserte Rahmenbedingungen wie leistungsfähigere Endgeräte mit größeren Displays, schnellere Datenübertragungstechnologien wie UMTS sowie ein erhöhter Missbrauchschutz fördern das Angebot neuer und verbesserter Mobile Commerce-Applikationen, stellen die Verfasser der TUHH-Studie "Perspektiven des Mobile Commerce in Deutschland" fest.
Dass sich mobile Anwendungen hierzulande aber deutlich langsamer durchsetzen als im Ausland (insbesondere in Asien oder Skandinavien), liegt laut Aussage der Wissenschaftler im Wesentlichen an zwei Faktoren. Zum einen halten die immer noch hohen Gebühren der Mobilfunkbetreiber die Preise hoch. Zum anderen versäumen es viele Unternehmen immer noch, ihre Angebote und Abrechnungsmodelle an den Kundenwünschen auszurichten. „Leider ist zu konstatieren“, sagt Dr. Stephan Buse, der zusammen mit seinem Forschungsteam seit 2001 regelmäßig den Markt für mobile Applikationen untersucht und das Forschungsprojekt leitet, „dass viele alte und neue Anbieter aus den Fehlern der Vergangenheit nicht oder kaum gelernt haben“.
Dass die Wünsche der (potenziellen) Kunden nur wenig bis gar nicht berücksichtigt werden, zeigt sich daran, dass so genannte Abonnementlösungen die bevorzugte und in vielen Fällen einzig angebotene Zahlungsmöglichkeit der Anbieter darstellen. Über 90% der potenziellen Kunden kritisieren bzw. lehnen diese Bezahlform jedoch ab. Es kann daher geschlussfolgert werden, dass das Nachfragepotenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist und die Gefahr besteht, dass Neukunden schnell wieder abspringen.
Ein weiterer Beleg dafür, dass der Kunde noch nicht König ist, zeigt sich auch in der Studie zum Mobile Ticketing (Bezug von Fahrscheinen oder Veranstaltungstickets über mobile Endgeräte). Während Nutzerbefragungen eine eindeutige Präferenz für so genannte „SMS-Lösungen“ (Ticketbestellung per SMS) bestätigen, favorisieren viele Anbieter Lösungen, die in der Handhabung deutlich komplizierter sind und deshalb in den Umfragen deutlich niedrigere Akzeptanzwerte erzielen. „Service-Anbieter setzen nicht selten auf technologiegetriebene Innovationen“, sagt Rajnish Tiwari, Co-Projektleiter des Forschungsprojektes. „Die Mehrzahl von zahlungskräftigen Kunden erwartet aber simple, benutzerfreundliche und funktionale Lösungen mit Zusatzdiensten über den mobilen Kanal“. In diesem Zusammenhang verweist Tiwari auf den schwierigen Start des kostenpflichtigen Handy-TV von Mobile 3.0, das auf Basis eines separaten TV-Signals angeboten werden sollte und mittlerweile von Mobiltelefonen überholt worden ist, die auch reguläre (kostenlose) TV-Signale empfangen.
Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler anwendungsorientierte Einsatzfelder wie mobile Informations- und Unterhaltungsdienste („Mobile Content“ und „Mobile Entertainment“), Mobile Finanzdienste („Mobile Banking“), „Mobile Ticketing“ und „Mobile Marketing“. Ziel der Untersuchung war es, die Erfolgschancen endkundenbezogener Mobile Commerce-Applikationen durch eine Gegenüberstellung der Angebots- und Nachfrageseite zu analysieren sowie den konzeptionellen und rechtlichen Rahmen auszuarbeiten. In den einzelnen Teilprojekten wurden Fallstudienanalysen ausgesuchter Geschäftsstrategien und großzahlige Nutzerbefragungen durchgeführt.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind jetzt in Form eines Herausgeberbandes im Shaker Verlag erschienen. Der von Stephan Buse und Rajnish Tiwari herausgegebene Band „Perspektiven des Mobile Commerce in Deutschland: Grundlagen, Strategien, Kundenakzeptanz, Erfolgsfaktoren“ (ISBN: 978-3-8322-7048-3, Seiten 656, Abbildungen 113, Preis 49,80 Euro) beinhaltet Beiträge von Prof. Dr. Cornelius Herstatt, Florian Fiedler, Guido Hülskamp, Karsten Siegmund, Christian Steinhoff und den beiden Herausgebern. Rezensionsexemplare können direkt beim Verlag online bestellt werden.
Dr. Stephan Buse und Dipl.-Kfm. Rajnish Tiwari sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Technologie- und Innovationsmanagement der TUHH. Gemeinsam leiten sie das Forschungsprojekt Mobile Commerce, das bis 2006 in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg durchgeführt wurde. Ihre Mobile Banking Studie wurde 2006 von der Vodafone Stiftung für Forschung mit dem Preis „Markt- und Kundenorientierung“ ausgezeichnet und von der Hamburg University Press unter dem Titel „The Mobile Commerce Prospects: A Strategic Analysis of Opportunities in the Banking Sector“ (ISBN 3-937816-31-3) veröffentlicht.